Über den Unsinn vom Raumklang auf der Modellbahn
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Bericht 89

Für den Moment eignen sich textorientierte Berichte besser, da sie später wieder in das bisher übliche Verfahren integriert werden sollen. Diese Woche geht es um Sounds auf der Modellbahn. Zum einen, weil immer wieder Anfragen zu diesem Thema kommen und zum Anderen, weil dazu intern jahrelange Erfahrungen aufgebaut wurden.

Vor etwa 7 Jahren begann bei uns die Entwicklung erster Betriebsmuster zur Nutzung von PC- üblichen Verfahren um Sounds für die Modellbahn zu erzeugen. So wurden Möglichkeiten zur synthetischen Sprachausgabe erprobt, die heute wie selbstverständlich in Form von Bahnhofsansagen Bestandteil von Railware sind. Als Vorteil gegenüber individuellen Sounddateien spart man sich die Aufnahme und Aufbereitung der echten Ansagedateien. Selbstverständlich kann man auch die klassische Methode nehmen und zu jedem Ereignis im Gleisbild beliebige, individuelle Wave- oder MP3- Dateien abspielen.

Doch wie ist das eigentlich mit dem Raumklang oder auch Surround- oder 3D- Sound? Von den technischen Möglichkeiten und den damals bekundeten Funktionen befindet sich heute nur ein kleiner Teil in unserem System.

Ausschlaggebend waren die hier und bei einigen Testkunden erzielten mageren praktischen Ergebnisse. Surround Sound mit 5.1 Soundkarte (oder besser) und passenden Lautsprechern ist bei Filmen und PC Spielen mehr als etabliert und wird sehr preiswert angeboten. Nun, nicht die Technik ist das Problem, sondern der Mensch.

Das Hören ist im Vergleich zum Sehen vergleichsweise schlecht ausgeprägt. Hören muss, keine medizinischen Handicaps vorausgesetzt, vom Sehen begleitet werden. Ein Geräusch wird nur dann identifiziert, wenn dessen Ursprung optisch zugeordnet werden kann. Geräusche, die man nicht zuordnen kann, werden als Misston, besser Krach, wahrgenommen. Darum ist es wichtig, das eine Geräuschquelle geortet werden kann.

Surround- oder 3D- Sound basiert im wesentlichen aus zwei Effekten. Zunächst einmal aus der effektiven Lautstärke eines Geräusches. Je leiser, desto weiter entfernt und je näher und aus mehreren Lautsprechern kommend, desto näher. Der vom Menschen am besten wahrgenommene Effekt ist jedoch der sogenannte Dopplereffekt. Sie kennen das alle: wenn man am Straßenrand steht und es fährt ein Fahrzeug vorbei, dann verringert sich die Tonlage (die Frequenz), sobald das Fahrzeug sich vom Standort entfernt. Je größer die Geschwindigkeit, desto höher die Frequenzänderung und desto besser der Dopplereffekt. Die Spieleentwickler nutzen das geschickt aus. Es zischt und knattert in hoher Geschwindigkeit an unseren Ohren vorbei. Diese Geräusche können wir perfekt orten. Auch die Filmprofis wissen dies nur zu gut: am besten wirken Geräusche, die ihre Position schnell verändern; egal wie das technische Verfahren exakt genannt wird und egal, ob im Kino oder zu Hause. Eine technisch sehr gute Umsetzung befindet sich mit 'DirectX' in jedem modernen Windows- PC. Auch dort basiert 3D- Sound im wesentlichen auf schnellen Bewegungen.

Das Problem ist jetzt nur noch unsere Modellbahn. Im Modellbahnzimmer erschweren die üblichen Fahrgeräusche der Züge die Wahrnehmung der Entfernung. Und pfeilschnell, sozusagen mit Warp 9, jagen sie auch nicht gerade an uns vorbei. Sollen sie auch nicht, denn ein Grund zur Verwendung von Railware sind ja gerade die vorbildgerechten Beschleunigungs- und Bremsvorgänge.

Und weil die praktische Wirkung nicht annähernd den theoretischen Möglichkeiten entspricht, wurde nur der praktikable Teil in Railware implementiert.

Was kann man verbessern?
Am besten ordnet man die Geräusche einem eindeutigen Lautsprecher zu, der gezielt an die entsprechende Position der Anlage gestellt wird. Darum erfolgt bei Railware auch, z.B. bei den Bahnhofsansagen, eine Zuordnung zu einem einzigen Lautsprecher. Statt der Erzeugung im PC kann man übrigens sehr praktisch kleine MP3-Player nutzen, an die man preiswerte aktive Lautsprecher anschließt. Einfache Player bekommt man schon für 10 Euro und die Lautsprecher sind auch nicht teurer. Soll das Geräusch nur auf Anfrage ertönen, öffnet man den Player und verbindet die Play- Taste mit einem digitalen Schaltdecoder, den man dann vom Gleisbild aus durch irgendein Ereignis steuern kann. Besonders gut dafür geeignet ist auch Light@Night, denn Sinnvollerweise - siehe oben - ist die Soundausgabe mit einem optischen Ereignis verbunden.

Bei bewegten Objekten werden die meisten auf die klassische Lösung mit den Sounddecodern in den Lokomotiven zurückgreifen. Richtig echt klingt das aber erst ab Spurweite 0, so gerne uns die Hersteller etwas anderes weismachen möchten. Kleinen Lokomotiven fehlt es schlicht am nötigen Volumen. Wir erinnern uns: tiefe Töne benötigen einen entsprechenden Resonanzkörper; was der Grund war, warum wir in unserer Jugend massenweise wie unter einem kollektiven Zwang Lautsprecherboxen selbst gebaut haben. Doch zurück zu den Lösungen. Die Profis verwenden hier eine Kette von Lautsprechern, die sich direkt entlang des Bewegungsablaufs befinden. Hierfür gibt es im professionellen Musikbereich Soundkarten mit bis zu 24- Ausgangskanälen nebst passender Sequenzersoftware. Allerdings muss man für eine solche Lösung einige tausend Euro investieren. Doch auch hierfür existiert eine Alternative: die RAILsound- Engine. Sie wurde vor etwa 4 Jahren entwickelt; ist aber kaum bekannt. Vielleicht auch, weil sie ebenfalls nicht gerade preiswert ist. Kann man da etwas tun? Ja, 'man' kann. Im kommenden neuen Major Release 6 wird ein Teil der Engine integraler Bestandteil von Railware werden. Dazu wird auch eine einheitliche Konfigurationsoberfläche verwendet, die alle Soundmöglichkeiten auch einfach nutzbar macht.

Aber trotz Ihrer Pläne sollten Sie bitte nicht vergessen: der meistgenannte Erweiterungswunsch im Zusammenhang mit Sound in Railware ist die Möglichkeit zum Abschalten aller Geräusche. Warum nur ....

In der Zwischenzeit haben einige Entwicklerkollegen, vielleicht weil Modellbahner nachfragten, teils auch, weil sie gerne unsere Ideen 'verwerten', Surround Sound in ihre Software integriert. Mir tut es wirklich leid, das ich damals vielleicht falsche Hoffungen geweckt habe, und das diese Aktivitäten aus den obigen Gründen in die Irre führen mussten. Ein wenig Schadenfreude steckt aber auch darin und ich kann es auch anders formulieren: selbst denken macht schlau! In der original Microsoft Dokumentation zu DirectX findet sich übrigens alles was schlau macht - für Nichtwisser.

Weiterhin viel Spaß mit der Modellbahn wünscht

Dieter Hinz

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