Bericht 119

Mehr als 15 Jahre beschäftige ich mich schon im weitesten Sinne mit Modellbahntechnik. Und da muss ich doch tatsächlich mit meiner Familie in der Oberlausitz, auch sächsische Schweiz genannt, Urlaub machen, um zu erfahren, warum Märklin als einziger Hersteller einen Mittelleiter mit Punktkontakten verwendet.

Jahrzehntelang wurde mir erklärt, dass Punktkontakte sicherer bei der Stromabnahme sind. Doch als ausgewiesener, fachkundiger Elektroniker kam mir das immer schon suspekt vor. Und tatsächlich handelt es sich wohl eher nicht um eine hervorragende Technik, sondern mehr um eine jahrzehntelange hervorragende Marketingleistung.

Der Grund für meine Annahme liegt in einem Besuch der privaten Eisenbahnsammlung der Familie Frey in Seifhennersdorf, die öffentlich zugänglich ist. Herr Frey führte uns sehr fachkundig durch seine mit sehr viel Leidenschaft zusammengetragene Sammlung.

Die Firma Märklin produzierte anfangs Blechspielzeug; unter Anderem auch kleine Eisenbahnen mit Federwerkantrieb in der Spurweite 0. Auch die Gleise wurden vollständig aus Metall gefertigt.

Lokomotive mit Federwerkantrieb

Märklin war damals sicherlich ein sehr innovativer Betrieb und so erschien dort später die erste elektrische Modelleisenbahn. Ein direkt mit der Netzspannung verbundenes Vorschaltgerät, dass Glühbirnen als Vorwiderstände verwendete, leitete die Spannung an das Gleis.

Liegt hier die Ursache für die Punktkontakte?

Man beachte den sorglosen Umgang mit der lebensgefährlichen Netzspannung bei einem Kinderspielzeug. So etwas wäre heute natürlich völlig unmöglich!

Doch wie die Energie zur Lokomotive bringen? Wie schon gesagt, war Märklin damals sehr innovativ und wie selbstverständlich darum bemüht, dass das bisher verkaufte Metallgleis der Uhrwerkbahnen weiter verwendet werden konnte. Und so wurden nun Metallstangen hergestellt, die mit Papierstreifen im Gleis fixiert wurden. Das folgende Bild zeigt sehr schön das originale Spur 0 Metallgleis und den Zusatzstreifen für die elektrische Bahn.

Märklin Spur 0 Metallgleis mit Zusatzstreifen für die neuen elektrischen Lokomotiven

Später wurden dann natürlich auch Gleise mit fest eingebautem Mittelleiter produziert.

Schaukasten mit verschiedenen Gleisen (Sammlung Frey)

Märklin Lokomotive mit Schleifer für Stromabnahme in der Mitte

Einfach genial! Bereits gekauftes Material konnte bei der Umstellung auf den elektrischen Betrieb weiter verwendet werden.
Als sich dann die Spurweite von 0 auf H0 (H0 steht für Halb-0) halbierte, wurde der mittlere Metallleiter einfach beibehalten. Dabei wäre eigentlich gar keine Not gewesen, dies so fortzuführen.

Frühes H0 Metallgleis von Märklin

Und wie wir alle wissen, haben alle anderen Hersteller von vornherein auf die technisch einfache Stromzuführung durch die linke und rechte Schiene gesetzt. Jeder, der sowohl eine Dreileiter- als auch eine Zweileiteranlage mit modernem Gleismaterial betreibt, weiss vielleicht, was problemloser ist.

Was mir aber nicht klar geworden ist, ist die Tatsache, warum bei Märklin die Spur I Fahrzeuge keinen Schleifer und Gleise mit Mittelleiter haben? Vielleicht sollte ich einfach weiter regelmäßig mit meiner Familie Urlaub machen, um irgendwann jemandem zu begegnen, der mir einen technisch plausiblen und glaubhaften Grund vermittelt.

Nochmals der Tipp:
Die Sammlung der Familie Frey umfasst nicht nur alte historische Modelleisenbahnen, sondern auch viele Gegenstände aus dem Vorbild, eine H0 Modelleisenbahn sowie eine noch nicht ganz fertige Schmalspurbahn im Massstab 1:22,5. Deren Kernstück ist der Bahnhof Bertsdorf der Zittauer Schmalspurbahnen.

Hier die Adresse:
Wolfgang Frey
Arno-Förster-Straße 6
02782 Seifhennersdorf
Tel.: (0 35 86) / 40 48 25
[ http://www.eisenbahn-fleischer.de ]

Ein Besuch lohnt sich wirklich! Bitte beachten Sie, dass das Museum nicht jeden Tag geöffnet ist. Am besten im Internet nachsehen oder vorher anrufen.

Wer mehr zu Fragen der Kompatibilität erfahren möchte, dem sie die fiktive Geschichte über einen Automobilhersteller empfohlen. Link: [ Automobilhersteller ]
Sie ist nicht öffentlich und kann nur von eingeloggten Kunden gelesen werden.

Weiterhin viel Spass mit dem Modell- oder Eisenbahnhobby wünscht

Dieter Hinz

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