Über µCon Booster, Trolle, DCC und Rautenhaus RMX
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Bericht 109

Man sagt, dass man keine Trolle füttern soll (1). Na, schaun wir mal, ob sie Hunger haben.

Sehr viel positive Resonanz hat das neue µCon Boostersystem ausgelöst. Hier und in weiteren Berichten sollen einige Punkte beleuchtet werden.

In einem Boostergehäuse befinden sich immer 2 eigenständige Booster. Sie werden gemeinsam mit Strom versorgt. Kleines Highlight: man kann Trafos von 10V~ bis 16V~ oder Schaltnetzteile mit 12V bis 18V verwenden. So passt man sich bei Bedarf z.B. verlustfrei an kleine Spurweiten an.

Wichtigster Punkt für heute soll das Bussystem sein. Sowohl der interne Kommunikationsbus als auch die zu verstärkenden Gleissignale werden mit einem Feldbus nach Industriestandard (RS485) übertragen. Der Sicherheit halber wird dazu ein Netzwerkkabel mit RJ45 Steckern verwendet. Dies bedeutet, dass die Kabellängen viele hundert Meter lang sein können, was bereits von externen Experten bestätigt wurde. Damit eignen sich die µCon-Booster insbesondere auch für große Modulanlagen. Wie uns mehrfach schon von Vereinen bestätigt wurde, ist dies nahezu das einzige Boostersystem, das diese Längen erreicht. Viele andere Hersteller, manchmal gerade die "namhaften", machen schon ab 30 Metern schlapp (bekannte Ausnahme: Lenz).



Der Ausgangsstrom ist mit 2 mal 2,5 Ampere angegeben. Das ist je nach Anlagenbau eine ideale Größe in Bezug auf 8 oder 16 fache Gleisbesetztmelder. Die meisten verstehen nicht viel von Boostern - warum auch. Sie sollen möglichst billig sein und viel Strom liefern, oder? Doch im Kurzschlussfall fließt dieser Strom tatsächlich und kann Gleise und rollendes Material beschädigen. Außerdem benötigt man, bezogen auf den Maximalstrom, ausreichende Kabelquerschnitte. Diese Diskussionen hatten wir schon vor 10 Jahren. Damals bekamen viele Modellbahner erhebliche Probleme mit dem einfachen Selbstbaubooster 'Edits'. Besser sind eben mehr kleinere als wenige große Booster. Lange Zeit gab es dafür den LV100 von Lenz und den DB-2 von LDT. Die waren ideal!

Tatsächlich gibt es beim µCon-Booster zunächst mal eine schnelle und präzise Kurzschlusserkennung (die sogar noch einstellbar ist) und einen Übertemperaturschutz; erst kommt die Strombegrenzung. Damit kann eine Form der internen Lastverteilung zwischen Ausgang A und B erreicht werden. Viele Booster arbeiten wie eine analoge Audio- Endstufe. Da kennt jeder die rein rechnerisch ermittelte Sinus- und Musikleistung. Beide Angaben übrigens völlig praxisfremd (2). Was also gibt man bei einem Booster an? Beim µCon-Booster handelt es sich um die permanente Dauerbelastung! Übrigens wird als Leistungsteil ein relativ teures Bauteil aus der kommerziellen Steuerungstechnik verwendet und nicht die "üblichen Endstufen" (3).

Und wie ist das bei den aaach so billigen LED- Wagenbeleuchtungen? Sie haben oft nur Gleichrichter mit großen Siebkondensatoren. Und die sind vor dem Einschalten leer und benötigen dann ein vielfaches des Nennstroms. Einige kennen es: die Booster laufen erst nach mehreren "Versuchen" an, weil erst die Elkos geladen werden müssen. Dabei gibt es anständige Beleuchtungen - sie kosten halt ein bisschen mehr! Aber um auch hier zu helfen, besitzt jeder µCon-Booster einen "Beleuchtungschopper", der immer beim Einschalten wirksam ist.

Anderes Thema:
In letzter Zeit kamen häufiger Anfragen zur neuen RMX Zentrale von Rautenhaus (4). Wer es nicht weiss: sie kann außer Selectrix auch DCC und ist dabei vollständig rückwärtskompatibel. Und weil die Technik so hervorragend ist, eignet sie sich auch sehr gut für den reinen DCC Betrieb. Genau dazu wurde aber bemängelt, dass man mit DCC ja über 10000 Adressen steuern kann, bei der RMX Zentrale aber weniger.
Diese Aussage ist schlicht falsch! Bei DCC können niemals 9999 Loks gefahren werden, sondern es handelt sich lediglich um die Anzahl möglicher Lokadressen. Davon kann aber nur ein kleiner Teil gleichzeitig verwendet werden. Die RMX Zentale macht genau das: ich kann alle Adressen ansprechen, aber immer nur einen Teil zur gleichen Zeit.

Wollen wir doch mal sehen, wie schnell das DCC Gleisprotokoll ist und wie viele Loks man tatsächlich gleichzeitig mit DCC fahren kann. Die Norm nennt eine Pulszeit für eine '1' von 2 mal ca. 50uS. Ich habe alle Zahlen der Einfachheit halber gerundet - es ist nicht entscheidend. Wer es genau wissen möchte, sollte die Original Dokumentationen bei der NMRA? einsehen. Eine Mikrosekunde (uS) ist übrigens eine millionste Sekunde. Ein logisches '1' Bit besteht aus 50uS Puls und nochmal 50uS Pause. Ein '0' Bit hat wenigstens die doppelte Länge und ist ca. 2 mal 100uS lang. Jetzt wissen wir: eine '1' dauert 100uS und eine '0' 200uS. Bei der Null gibt es aber noch etwas besonderes. Die Pulsdauer darf auf bis zu 9000uS ausgedehnt werden, solange der Puls und die Pause gleich lang sind (5).Vor 20 Jahren waren Mikroprozessoren weit weniger leistungsfähig; die Pause konnte als Zeitpuffer für interne Berechnungen dienen. Heute eigentlich überflüssig, aber immer wieder noch genutzt.



Ein einfacher Lokbefehl (kurze Adresse, keine Funktionen) besteht aus 3 Bytes, wobei ein Byte 8 Bit hat. Macht also 24 Bits. Davor muss eine Präambel gesendet werden. Sie besteht aus einem '0' und 15 mal '1' Bits. Die Präambel dauert also ca. (1x200)+(15x100)=1700uS. Bei den 3 Folgebytes nehmen wir mal an das gemischt eine Hälfte '0' und die Andere aus '1' besteht. Das wären dann (12x100)+(12x200)=3.600uS. Zusammen dauert ein Lokbefehl also 5.300uS oder 5,3 Millisekunden (mS). Pro Sekunde kann man so etwa 500 Lokbefehle senden. Dummerweise muss man Lokbefehle aber ständig wiederholen, weil wegen der häufigen kurzen Stromaussetzer auf dem Gleis die Lokdecoder immer wieder neu mit Informationen gefüttert werden müssen. Dies sollte ca. alle 30mS geschehen. Dann kann sich aber die Zahl der sendbaren Lokbefehle auf 6 pro Sekunde (30mS/5,3mS) reduzieren.

In der Praxis kann man von den zuvor gemachten Aussagen aber stark abweichen. Trotzdem: damit die Zwangspausen einer Lok bei einem kurzen Stromaussetzer nicht zu hoch werden, begrenzt man die Anzahl der Adressen im Wiederholspeicher auf 24 bis 127. Steuert man mehr, fliegen derzeit nicht angesprochene Adressen einfach raus oder werden seltener wiederholt. Allzuviel merkt man davon aber nicht. Das Loks scheinbar verzögerungsfrei reagieren liegt daran, dass Digitalzentralen neue Lokbefehle bevorzugt behandeln und man selbst ja gar nicht so oft Lokbefehle generiert. Je besser die Gleisverlegung und je besser die Stromversorgung, desto weniger Störungen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Bezogen auf die RMX Zentrale sollte man sich nicht die geringsten Sorgen machen. Sie ist praktisch genau so gut für DCC geeignet, wie jede andere Zentrale auch. Aber nur mal kurz erwähnt: das Selectrix Gleisprotokoll ist DCC in Bezug auf Geschwindigkeit weit überlegen! Warum also nicht Selectrix verwenden. Wenigstens zum Schalten und Melden, wie es Peter Plappert oft empfiehlt.

Viel Spass mit dem Modellbahnhobby wünscht
Dieter Hinz


(1) Original: "Don't feed the trolls!". Mehr: [ http://www.google.de/search?q=dont+feed+the+trolls ] oder [ http://de.wikipedia.org/wiki/Troll_%28Netzkultur%29 ]
(2) Man kann die Ausgangsleistung "erahnen". Technisch sagt die Differenz nur etwas über die Qualität der Stromversorgung aus.
(3) Von mehreren Boostern (div. Hersteller) liegen mir Fotos von im Dauerbetrieb geschmolzenen Gehäusen vor. Leider kann ich die nicht veröffentlichen, wie man halt auch nicht alles schreiben darf - auch nicht als "Meinungsäußerung".
(4) Der Railware Treiber dafür ist derzeit in Entwicklung.
(5) Das wären dann sagenhafte 18.000uS oder 18mS für ein einziges Bit!!

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