Letzte Woche bei Railware

23.7.2004

Ach was muss man oft von bösen, Lokdecodern hören oder lesen ...

Schon vieles war in den Wochenberichten über Lokdecoder zu lesen gewesen. Über Bremswege in Railware, Lastregelungen - halt von deren guten und schlechten Eigenschaften. Manch einer weiß auch böse Märchen über Lokdecoder zu berichten, die sich z.B. nur unter Schwierigkeiten programmieren lassen. Aber hoffentlich erweist es sich als ein Märchen, was mir neulich zu Ohren kam: ein mehr oder weniger namhafter Modellbahnhersteller erwartet von "seinen" Lokdecodern, das sie beim programmieren nicht brummen. Das würde die Kunden stören.

Kunden -- das sind übrigens Sie!

Und? ist das Brummen von Loks beim programmieren störend? Fachleute wissen: über das kurze, rhythmische Ansteuern des Lokmotors ruft einen Stromverbrauch hervor, den das Digitalsystem als Information auswertet. Es ist dadurch in der Lage, Daten aus dem Decoderbaustein zu lesen. Senkt man nun das "Brummen", also den Stromverbrauch, dann kann das Digitalsystem (z.B. Lenz oder Intellibox) die Informationen nicht mehr richtig lesen. Würde sich dieser Hersteller nicht an Vereinbarungen oder Standards halten, dann würden Kunden früher oder später Probleme bekommen. Ach, Sie haben gelegentlich Probleme beim programmieren von Lokdecodern ? Sollte etwa ...

Standards sind eine wichtige Sache. Ohne sie würde unsere moderne, technisierte Gesellschaft kaum mehr funktionieren. Wie selbstverständlich erwartet man, das die Reifen des Händlers schon auf die Felgen passen mögen oder man an der Tankstelle einen zum Motortyp passenden Kraftstoff erhält. Und der neue DVD- Player bekommt seine Energie wie selbstverständlich aus der Steckdose. Der Stecker passt und niemand macht sich die Mühe, die angelieferte Stromart auf Verträglichkeit zu kontrollieren (bei den Silberscheiben sieht es da schon anders aus). Und sogar die Hühner scheinen verstanden zu haben, welche Vorteile ihnen das Legen von EU- genormten Eiern bringt.

Standards und deren freiwillige Einhaltung bringen Konsumenten nicht nur austauschbare Produkte, sondern sorgen für eine weite Verbreitung und Durchdringung und bringen den Herstellern mehr Umsatz, Wirtschaftlichkeit und Ertrag.

Mit den für DCC, Motorola2 und Selectrix vorhandenen Standards steht wohl alles zu Verfügung, oder? Nicht ganz, denn mittlerweile hat ein DCC Decoder fast mehr private, firmenspezifische CV-Einstellungen als standardisierte. Und die sind natürlich von Hersteller zu Hersteller verschieden. Das ist wahrscheinlich schlicht ein Kennzeichen für gestiegene Erwartungen und Funktionswünsche der Kunden, denen die Standards hinterherhinken - ein Reformstau, wenn Sie so möchten. Oder nur eine Form der Unterscheidung zu Anderen? Kann ich mir kaum vorstellen, denn in einer insgesamt nur kleinen Modellbahnbranche wäre das eher unklug.

Bei den programmierbaren Motorola Lokdecodern gibt es verschiedenste Methoden zur Programmierung. Leider stehen die verkauften Stückzahlen oft in einem schlechten Verhältnis zum Aufwand für ein passendes Programmiertool. Sollen sich doch die Hersteller bitte erst einmal einigen, dann wird es auch Programmiertools in Railware geben. Oder: kaufen Sie doch nicht gleich jeden Mist, nur weil er billig ist ...

Ein gutes Beispiel für fehlende Standards sind die vielen neuen und teilweise unterschiedlich ausgelegten Funktionen in den Lokdecodern. Zum Auslösen eines Horns drückt man bei einem Hersteller F1 und bei einem anderen F2. Bei dem Einen ertönt es immer dann, wenn man die Funktion einschaltet und beim Anderen jeweils beim Ein- und beim Ausschalten. Um das Chaos in den Köpfen der Modellbahner (welche Funktion war doch gleich bei der V60 der Rangiergang?) zu minimieren, gibt es in Railware schon seit Jahren funktionelle Symbole, die den Funktionsnummern zugeordnet werden können. Außerdem kann für jede Funktion ein kurzer Text hinterlegt werden. Und weil manche Funktionen, wie das Horn, nur kurzzeitig aktiv sind, kann die Funktion als "Taste" definiert sein. Nach einer Betätigung springt sie wieder heraus.


Das Fahrpult am oberen Rand des Menüs

Das ist schon mal ein gewisser Anfang. Damit man nun auf komfortable und einfache Weise Funktionstasten selbsttätig auslösen kann, haben wir die sogenannten "Zug- Wegfunktionen" ersonnen. Auch die gibt es schon seit Jahren.

Mit ihrer Hilfe kann man an einer beliebigen Stelle der Anlage z.B. einen Pfiff auslösen. Dafür klickt man auf den auslösenden Zuganzeiger und konfiguriert je eine Zeile mit dem Ein- und dem Ausschaltpunkt des Pfiffsymbols. Und weil meist keine Meldekontakte an den gewünschten Stellen des Tunnelportals vorhanden sind oder man es sich später anders überlegt, errechnet Railware aus einer angegebenen Entfernung in Zentimetern den Zeitpunkt der Auslösung in Abhängigkeit von der gerade gefahrenen Geschwindigkeit und erspart Ihnen so spezifische Anpassungen der Anlage. Aus den einmalig durchgeführten Symbolzuordnungen in der Lokdatenbank findet Railware dann die passende Funktion (die F- Nummer) für die gerade vorbeifahrende Lok. Derartiges darf man wohl heutzutage als Standardfunktion einer leistungsfähigen Software betrachten. Ein zweites gängiges Beispiel ist das Ein- und Ausschalten der Wagenbeleuchtung in einem Tunnel oder bei Nacht - sofern man die Wagenbeleuchtung schaltbar gemacht hat. Viele haben aus dem Fahrbetrieb ausgemusterte Lokdecoder, die noch hervorragend zum Schalten geeignet wären. Man braucht außer etwas Zeit zum Basteln nur noch ein kleines Relais am Funktionsausgang zu verwenden, um Birnchen oder LED zu schalten. Sonst könnte der Decoder überlastet werden. Damit nicht jeder Wagen einen Decoder braucht, empfehlen sich stromführende Kupplungen. Dieser Tipp ist gebührenfrei ...

Bekanntlich gibt es ja nichts, was man nicht noch verbessern könnte.

Und so wurde zunächst einmal ein zusätzliches Häkchen eingeführt, mit dem man das schon geschilderte Problem der zweifachen Funktionsauslösung (Horn beim Ein- und Ausschalten) lösen kann. Railware wird dann in der Software das Tastensymbol wieder freigeben und den Lokdecoder pro Tastendruck einmal umschalten.

Und die Wagenbeleuchtung könnte sich in den Abendstunden selbsttätig einschalten. Und zwar nicht überall gleichzeitig, sondern zufällig über einige Zeit verteilt. Kein Problem, ein neuer Knopf macht es möglich. Und beim Ausschalten, was sich auch über einige Minuten erstreckt, sind Tunnelfahrten selbstverständlich ausgenommen.

Wer sich das Bild mit den Zug-Wegfunktionen genau angesehen hat, dem wird aufgefallen sein, das gegenüber der aktuellen Programmversion eine weitere Spalte für eine Bedingung hinzugekommen ist. Dies kann "Gleis besetzt", "Abfahrt", "Ankunft" und "Durchfahrt" sein. Viele Kunden haben sich diese Erweiterung gewünscht, um z.B. ausschließlich bei der Abfahrt eines Zuges die Türen zu schließen. Aber halt! Das ließe sich auch eleganter lösen. Wenn Railware denn schon durch die vielen Symbole weiß, welche Lokfunktionen zur Verfügung stehen, dann kann es die doch auch gleich selbst auslösen. Und so kam es zu den neuen "Autofunktionen". Ein kleines Häkchen ist alles, was zur Aktivierung nötig ist. Vor einer Zugabfahrt wird, falls vorhanden, der Pantograf hochgefahren, der Anlasser betätigt, der Motor gestartet, die Türen geschlossen, das Führerstandslicht ausgeschaltet und der Rauchgenerator aktiviert. Erst dann wird der Zug beschleunigen. Bei der Ankunft hängt es von der Aufenthaltsdauer oder Standzeit ab, ob der Motor abgeschaltet wird oder nicht. Zwischendurch wird immer mal die Luftpumpe oder ein Kompressor zu hören sein. Natürlich geschieht das nicht an allen Zuganzeigern, bei denen ein Zug angehalten wird. Als Erkennungsmerkmal bestimmter Funktionen dient das Bahnsteigsymbol, das sich rechts oder links neben dem Zuganzeiger befinden muss.

Viele weitere Symbole sind dazugekommen, zum Beispiel ein Bremslicht oder rechtes/linkes Blinklicht. Mit den Blinklichtern können Sie die Türen auf der Bahnsteigseite schließen lassen und das Bremslicht ist vor allem für Straßenbahnen gedacht. Ist es vorhanden, dann wird es bei Bremsvorgängen selbsttätig zugeschaltet.

Licht Scheinwerfer Führerstand Wagenlicht Tür Pantograf Horn
Rauch Generator Anlasser Motor Abfahrt Links Abfahrt Rechts Bremslicht

Das ist eine erstklassige Idee, finden Sie? Das freut uns. Und mein ganz persönlicher Kommentar dazu ist: soo muss intelligente Software heute arbeiten.

Eine klitzekleine Hoffung muss ich Ihnen allerdings noch nehmen: die neuen Autofunktionen sowie die im letzten Bericht vorgestellten erweiterten Bremswege erfordern die Nutzung bestimmter Windows- Funktionen im Zusammenhang mit parallel laufenden Prozessen. Und die gibt es leider erst ab Sinnlos NT, 2000 und XP. Darum wird es diese beiden Neuerungen leider nicht in Railware 4 geben können, weil sonst alle Kunden ihre Rechner aufrüsten müssten. Eine Aktualisierung der Seite mit den PC- Voraussetzungen war dringend erforderlich und wurde gleich um Angaben einer optimalen Konfiguration ergänzt. Vielleicht an einigen Stellen ein wenig überzogen. Aber denken Sie daran, das die Entwicklung immer weiter geht und damit neue Anforderungen stellt.

Auch unsere digitale Hobbywelt wird immer komplexer. Dabei ist doch gerade die Digitaltechnik angetreten, Ihnen das Spielen zu erleichtern und komfortabler zu gestalten. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: immer mehr "Spezialbausteine" mit "besonderen" Eigenschaften weichen von heutigen Standards ab. Umso wichtiger wird es, das wir manche Neuerung eben nicht gleich unterstützen, sondern abwarten, ob sich daraus ein Trend oder ein Standard entwickelt. Das sind wir unseren vielen Kunden schuldig. 

Und wieder einmal zeigt sich, daß wir gegen den Strom schwimmen, in dem wir trotz steigender Funktionalität die Konfiguration und Bedienung maßgebend vereinfachen.

Bis zur nächsten Woche alle Gute,
Ihr Railware Team

 

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