Letzte Woche bei Railware |
Ach, was muss man oft von bösen Weichen hören oder lesen. Oder: von einem der auszog, den Weichen das Schalten zu lehren.
Wer das Forum regelmäßig verfolgt, hat vielleicht mitbekommen, das es immer wieder Vermutungen gibt, das Railware 'manchmal' die eine oder andere Weiche nicht schaltet. Ganz unabhängig davon, hört oder liest man dies auch immer wieder im Zusammenhang mit anderer Software oder einem bestimmten Digitalsystem. Nun, das eine Software (Railware) oder ein Digitalsystem (z.B. Intellibox) häufig genannt werden, sagt zunächst einmal nichts über den Wahrheitsgehalt oder die Zuverlässigkeit aus, sondern lediglich etwas über die hohe Verbreitung bzw. Nutzung dieser Systeme. Welche Verursacher kommen für das Nichtschalten von Weichen in Frage ? Um dies etwas eindeutiger zu fassen, wurden mehrere Besuche bei Kunden durchgeführt und auch kleinere Modifikationen an der Software durchgeführt.
Ein Anlagenbesuch vor Ort ist mit gewissen Vorbereitungen und Absprachen verbunden. Beide Seiten wollen sicherstellen, das der Fehler dann auch wirklich reproduzierbar auftreten wird. Leider war schon der erste Besuch ein Reinfall. Wenn ich eine Anlage besuche, dann schaue ich mir zunächst immer die Verdrahtung darunter an. Das lässt schon mal gewisse Rückschlüsse auf Können und Sorgfalt des Erbauers zu. Dann lasse ich mir in der Regel die Digitaladressen von Weichen nennen und schalte einfach mal am Digitalsystem ein paar von ihnen um. Warum nur, klingen manche Antriebe anders (schnerrr statt klack) ?? Das fragte ich auch den Erbauer, der mir dann ganz offen erzählte, das er manchmal mit einigen Weichen Probleme hatte und er diese immer dadurch löste, das er am Anfang mehrfach die "aktive Grundstellung" bei Railware auslöse, um diese Weichen gangbar zu machen. Auf die nächste Frage, ob es den sein könne, das dies auch im laufenden Betrieb passieren könne, gab es dann keine Antwort mehr. Den rest des Tages haben wir gemeinsam mit Versuchen verbracht, die nach einiger Zeit zwei definitiv defekte Weichen erkennen ließen. Die Software haben wir dafür übrigens nicht gebraucht. So kann man auch seine Zeit vertrödeln ...
Was sind die häufigsten Ursachen von nicht schaltenden Weichen ?
- Die Weiche liegt im eingebauten Zustand nicht ganz plan. Sie ist verkantet und der Antrieb muss mehr Kraft aufwenden, um sie zu schalten. Dieser Effekt kann durch häufiges Schalten oder eine veränderte Umgebungstemperatur beeinflusst werden. Weichen müssen sorgfältig und plan zum Untergrund eingebaut sein !
- Im Weichenantrieb oder den beweglichen Weichenteilen befinden sich Ölreste, die entweder verharzen oder sich mit Staubablagerungen verbinden. Keine Öle für Weichen oder Weichenantriebe verwenden !
- Die Endabschaltung der Weichenantriebe arbeitet nicht exakt. Dadurch prellt der im Antrieb liegende Anker und schnellt wieder zurück. Entfernen Sie, wenn möglich, die Endabschaltungen oder setzen Sie nachweislich zuverlässige Antriebe ein.
Ich soll Ross und Reiter nennen, war beim letzten Mal die häufigste Reaktion - kein Problem:
- Alle Märklin C- und K- Gleis Antriebe sind unzuverlässig. Entfernen Sie die Endabschaltkontakte in den Antrieben. Bei den K- Antrieben entfernen sie auch die Kontaktlasche. bei den C- Antrieben reicht die Überbrückung des schwarzen Umschalters durch eine Lötklecks. Ausnahme: die neuen K- Gleis Antriebe mit einer großen Haube arbeiten zuverlässig.
- Die Roco Antriebe für das "Gummigleis" sind absolut unzuverlässig. Da sie gekapselt sind, kann der Endabschaltkontakt auch nicht entfernt werden. Zur Ehrenrettung muss aber gesagt werden, das sich der große, schwarze Unterflurantrieb von Roco im Dauerbetrieb bewährt hat.
- Alle motorischen Weichenantriebe sind gut geeignet. Vorsicht nur bei N-Anlagen und dem Fulgurex Antrieb: der Stellweg des Antriebes ist größer als der an der Weiche.
- Die Antriebe von Fleischmann, Trix, Peco und LGB sind gut geeignet.
- Kato Weichenantriebe sind nicht für digitale Modellbahnen geeignet.
Zwar gibt es durch das Entfernen der Endlagenkontakte eine theoretische Möglichkeit für das Verschmoren von Weichenantriebsspulen, aber die Vorteile der nun zuverlässig schaltenden Weichen überwiegen.
Übrigens: Fast alle Hersteller vermeiden bei ihren eigenen Schauanlagen das schalten von Weichen oder verwenden handselektierte Antriebe von dem Einsatz. Warum wohl ?
Kommen wir zu einem anderen Punkt: den Weichendecodern ! Die sind doch alle gleich und kompatibel, meinen Sie ? Ja, schön wäre es. Leider ist der folgende Punkt nur Elektronikern bekannt. Am liebsten würde ich ihn auch verschweigen, denn die Digitaltechnik sollte eigentlich so leicht wie möglich sein und auch dem Elektroniklaien den Bau einer perfekten Anlage ermöglichen. Leider denken nicht alle Hersteller so und darum gibt es immer wieder technische Unterschiede bei den Herstellern von Weichendecodern. Falls Sie dem folgenden Absatz nicht folgen können, bitte ich um Entschuldigung. Merken Sie sich einfach nur die Namen der betroffenen Hersteller. Damit keine Missverständnisse auftreten: sind die Weichen leichtgängig und sorgfältig montiert, ist dieser Punkt nicht wichtig.
Ab Spurweite H0 können Weichendecoder problematisch sein, die den Strom für die Weichenantriebe entweder direkt der Digitalspannung entnehmen oder sie zwar aus einem externen Transformator entnehmen, aber die Spannung nicht mit einem Brückengleichrichter, sondern nur mit einem billigen Halbwellengleichrichter erzeugen.
Dies ist bei allen Weichendecodern der Fall, die direkt in die Weichen eingebaut werden (Märklin, Roco, Viessmann) und den Antriebsstrom direkt dem Digitalsystem entnehmen. Gott sei Dank gibt es kaum nennenswerte Klagen über diese Decoder. Ganz im Gegensatz zu den normalen Bausteinen von Märklin, Viessmann und vielen anderen Herstellern. Durch die Einweggleichrichtung und einem zu kleinen Siebkondensator fehlt es bei mehrfachem Weichenschalten (z.B. alle vier Weichen eines Antriebs nacheinander) und schwerhängigen Weichen an der nötigen Energie. Ergebnis: die Weichen schalten nicht mehr zuverlässig !
Insbesondere die Weichenantriebe von Viessmann machen gelegentlich Probleme und sind nur durch den nachträglichen Einbau eines eigenen Trafos UND dem "Power Baustein" dieses Herstellers zu beheben. In diesem Baustein verbirgt sich übrigens nichts anderes als ein Brückengleichrichter. Warum also nicht gleich ?!
Sehr gut für Lenz Ein Brückengleichrichter
bei LDTGanz solide bei Selectrix Wenn Sie die Weichen direkt aus der Digitalspannung versorgen, müssen Sie beachten, das schon bei drei fahrenden Zügen die Energie der Zentrale oder des Boosters nicht mehr ausreicht. Da hilft auch kein größerer Trafo, denn der Gleisausgang einer Zentrale oder eines Boosters ist in seiner Stromabgabe begrenzt.
Häufige Probleme sind also:
- Zentrale oder Booster durch fahrende Züge überlastet. Abhilfe durch weitere Booster oder Versorgung der Weichenantriebe mit eigenem Trafo (wenn das beim Weichendecoder möglich ist).
- Viessmann Weichendecoder mit dem "Power- Baustein" nachrüsten. Besser gleich bei Profis wie Lenz oder LDT kaufen oder eine Selectrix kompatible Zentrale verwenden (z.B. Rautenhaus).
Warum haben eigentlich Betreiber größerer Modellbahnanlagen relativ wenig über nichtschaltende Weichen geklagt ? Sie verwenden in der Regel zuverlässige Antriebe und haben ihre Weichen sorgfältig montiert. Falls es doch an Railware liegt: fast alle verwenden DCC Digitalsysteme und nutzen die Softwareoption "Weichen immer schalten" in den Profi Parametern.
Und damit kommen wir auch endlich zur Software, die in der Tat fehlerträchtig sein könnte. Um es vorwegzunehmen: eine konkrete Ursache konnte leider nicht gefunden werden. Alle eingegangenen Hinweise wurden sehr, sehr sorgfältig überprüft. Aber trotzdem gibt es Anlass zur Vermutung, das auch bei Railware nicht immer alles mit rechten Dingen zugehen könnte. Bei den Tests auf einer anderen Anlage vor Ort mit der Intellibox fielen gelegentlich Unregelmäßigkeiten auf. Insbesondere wenn viel Betrieb war und viele Lok- und Weichenkommandos zur Box gesendet werden mussten, wurde es "eng" für die IB. Prinzipbedingt können nämlich die Eingangspuffer der Box relativ schnell zulaufen. Das geschieht besonders dann, wenn seitlich noch Märklin Fahrpulte oder Keyboards angebaut sind und die Sonderoption 33 auf 1 steht. Dies bremst den Betrieb regelrecht aus. Damit das bei Railware zukünftig nicht mehr so schnell passieren kann, wurde innerhalb des Railware Treibers eines kleine Modifikation durchgeführt, die das System verlangsamt, wenn die IB einen Pufferüberlauf an den PC zurückmeldet. Dann wird zwar alles etwas langsamer, das macht aber in der Praxis nicht so viel aus. Denn Modellbahnanlagen mit der IB sind in der Regel etwas kleiner als bei anderen Digitalsystemen und so wird das kaum jemand bemerken. Tja, ich kann leider nicht mehr aus einem Gerät herausholen, als der Hersteller ermöglicht. Darum gibt es für die IB (auch Twin-Center) zwei Empfehlungen:
Schalten Sie die Sonderoption 33 auf 0. Dann können Sie allerdings keine Keyboards oder Fahrpulte von Märklin mehr betreiben.
Falls Sie noch eine alte Märklin Zentrale mit Interface besitzen, sollten Sie diese entgegen der Uhlenbrock Empfehlung NICHT als Weichenbooster betreiben, sondern direkt als 2. Digitalsystem für Weichen oder Signale am PC anschließen und von Railware bedienen lassen.
Bei den Tests viel mir dann noch auf, das vom System an verschiedenen Stellen Listen angelegt werden, um sich zu stellende Weichen zu merken. Derartige Listenobjekte sind bei moderner Software eigentlich gang und gäbe und deren Nutzung für einen Entwickler mehr als alltäglich. Aber kann man wissen, ob sich durch die ständigen Operationen im Umfeld ein Fehler einschleichen könnte ? Und weil auch die Ablaufverfolgung erschwert war, habe ich radikale Vereinfachungen durchgeführt und nun für jeden Zug eine Liste vorgesehen, die weder laufend erzeugt noch entfernt wird, sondern bei der sich lediglich der "Füllstand" ändern kann. Bis zur Stunde kann ich leider noch nicht sagen, ob darin eine Ursache gelegen habe könnte - aber ausschließen kann ich es auch nicht.
Testkunden kennen das Prozedere mit den "pre" Versionen. Bei pre1 und 3 haben sich viele mit dem Hinweis gemeldet, sie können das Nichtschalten von Weichen 100% reproduzieren. Wäre schön gewesen, aber leider gab es darin noch sogenannten "Debug- Code". Das sind temporär eingefügte Änderungen, die Entwickler die Fehlersuche erleichtern. Tut mir leid, aber ich hatte diese Modifikationen schlichtweg vergessen.
Pre5 bis 7 hingegen laufen seit einigen Tagen recht ordentlich. Aber ein Termin für die Freigabe von 4.10 kann noch nicht genannt werden. Eile wäre auch fehl am Platze, denn schließlich ist nur eine Minderheit von Fehlern oder fehlenden Funktionen betroffen. Die Mehrzahl aller Kunden ist mehr als zufrieden und kann das eine oder andere "Problem" schon lange nicht mehr verstehen.
Hier geht nichts mehr.
Mit derartigen Weichen kann Railware nicht umgehen !Und zu guter letzt noch einmal Weichen: auf einer weiteren Anlage wurde nun die schon an verschiedenen Stellen zitierte neue Weichenlagemeldung getestet. Ein letzter Test steht nächste Woche an und wenn alles gut geht, wird die neue Weichenlagemeldung ab 4.10 verfügbar sein. Nur für Insider: die neue Weichenlagemeldung in Railware verwendet ein bei Datenbanksystemen abgeschautes Verfahren, das "optimistic locking" genannt wird. Dadurch gehören Wartezeiten oder Startprobleme, der Vergangenheit an.
Bis zur nächsten Woche ......
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Andrea Hinz. Kontakt zum Railware Team
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